"Ach ja, das, was man nicht kann, das ist die Kunst."

Neue Bücher 2020

Aglaia Kister:
Fragile Balance Schwindelerfahrungen und Gleichgewichtsideale im Werk Thomas Manns

"Ich bin ein Mensch des Gleichgewichts", lautet eine berühmte Selbstcharakterisierung Thomas Manns. Das Balancieren erscheint in seinem Werk als Grundbewegung des menschlichen Lebens, die jedoch stets von Gegenkräften – dem Schwindel, der Schwermut, dem Radikalismus – gefährdet bleibt. Aglaia Kister unternimmt eine metaphorologische Analyse der Bildspender, aus welchen sich Thomas Manns Balance-Ideale speisen und die für sein Denken entscheidende Implikationen besitzen. Wie die Lektüre ausgewählter Romane und Essays zeigt, erwachsen seine leidenschaftlich umworbenen Gleichgewichtskonzepte gerade aus den modernespezifischen Erfahrungen des Balanceverlusts: Besonders der Schwindel bildet ein gendertheoretisch, existenzphilosophisch und poetologisch bedeutsames Leitsymptom. Balance erscheint bei Thomas Mann als ein ebenso glückhafter wie fragiler Zustand, der den Krisen des politischen, seelischen oder körperlichen Gleichgewichtsverlusts stets aufs Neue abgerungen werden muss.
Kontakt für Fragen an die Autorin: verlag@klostermann.de 

Frankfurt/Main: Klostermann 2020 (Thomas-Mann-Studien 56)

 

Thomas Manns "Betrachtungen eines Unpolitischen" nach 100 Jahren. Neue Perspektiven und Kontexte
Herausgegeben von Erik Schilling
Thomas Manns "Betrachtungen eines Unpolitischen" gehören zu den von der literaturwissenschaftlichen Forschung eher ungeliebten Texten des Autors; das gilt sowohl für die engere Thomas-Mann-Forschung als auch für die Forschung zur Literatur des 20. Jahrhunderts insgesamt. Die Gründe für diese Zurückhaltung gegenüber einem der bedeutendsten Texte der "Konservativen Revolution" und des frühen Thomas Mann sind vielfältig: Die eifernde Kriegsapologie passt wenig zu dem Bild des Autors als bedeutendem Gegner des Nationalsozialismus, das von einem nicht geringen Teil der Forschung gerne gezeichnet wird. Zumal erschweren die heute nur noch schwer zu rekonstruierenden intertextuellen Bezüge das Verständnis des Textes. Er stellt seine Leser damals wie heute im Hinblick auf seine Bedingungen sowie seine inhaltlichen und formalen Formationen vor erhebliche Herausforderungen. Eine in sich differenzierte Analyse und Interpretation der zentralen Inhalte, der Form und Kontexte ist somit auch 100 Jahre nach dem Erscheinen der "Betrachtungen" nicht vorhanden. Dieser Band, der auf eine Tagung zurückgeht, die im September 2018 an der Ludwig-Maximilian-Universität München stattfand, versucht diese Lücke in einer interdisziplinären Kooperation von Literaturwissenschaftlern, politischen Philosophen und Politologen zu schließen.
Kontakt für Fragen an den Herausgeber: verlag@klostermann.de 

Frankfurt/Main: Klostermann 2020 (Thomas-Mann-Studien 55)

 

Herbert Lehnert:
Thomas Mann. Die frühen Jahre. Eine Biographie
Eine Biographie Thomas Manns, die das Frühwerk in seiner Modernität in den Blick nimmt und dem starken Einfluss seines Bruders Heinrich nachgeht. Diese Biographie konzentriert sich auf die Modernität der frühen Werke. Diese sind nicht stilistisch, aber inhaltlich modern, weil sie eine Welt mit Widersprüchen annehmen. Thomas Mann orientierte sich zunächst an seinem Bruder Heinrich, der sich stets um Modernität bemühte. Als Herausgeber der antisemitischen Zeitschrift "Das Zwanzigste Jahrhundert" wandte Heinrich sich jedoch einer konservativen Schreibart zu und missbilligte zudem Thomas‘ Homoerotik und Vorliebe für Schopenhauer. Thomas beteiligte Heinrich daraufhin nicht an der fiktionalisierten Familiengeschichte "Buddenbrooks" und löste damit einen heftigen Bruderzwist aus.
In "Fiorenza" stellen die Dialoge die Modernität in Frage, ohne sie aufzugeben. Um 1905  problematisiert Mann in zahlreichen Werken verstärkt die Bürgerlichkeit, unter anderem in "Wälsungenblut" und "Königliche Hoheit", einer Parodie der konstitutionellen Monarchie. "Der Tod in Venedig" stellt eine neue Epoche des Werkes Thomas Manns dar.
Kontakt
für Fragen an den Autor: presse@wallstein-verlag.de

Göttingen: Wallstein 2020

 

Ralf Eisinger:
Klaus Pringsheim aus Tokyo. Zur Geschichte eines musikalischen Kulturtransfers
Als Sohn einer begüterten Familie jüdischen Ursprungs wächst Klaus Pringsheim gemeinsam mit seiner Zwillingsschwester Katia, der späteren „Frau Thomas Mann“, in München auf. Schon als junger Mann tritt er als Pianist und Komponist in Erscheinung, ehe er 1906 Schüler Gustav Mahlers in Wien wird. Bald reüssiert Pringsheim als Dirigent, arbeitet als Regisseur, Dramaturg und Kritiker in Prag und Bremen und erlebt das Berliner Kulturleben der 1920er Jahre, dem er als Leiter der Bühnenmusik der Reinhardt-Theater und als Dirigent des ersten Mahler-Zyklus entscheidende Impulse zu geben vermag. Ein neues Leben beginnt 1931 mit der Berufung als Kompositionslehrer und Leiter des Orchesters der Musikakademie in Tokyo. In Japan tritt er insbesondere als Dirigent vieler Mahler-Erstaufführungen prominent in Erscheinung. Was anfangs noch als Abenteuer auf Zeit gedacht war, entwickelt sich durch die geschichtlichen Ereignisse zu einer Endstation. Sein Leben wird fortan durch die Erfahrungen des Exils geprägt. Nach dem Krieg lebt er einige Jahre in Kalifornien, kehrt aber 1951 endgültig nach Tokyo zurück.
Kontakt für Fragen an den Autor: info@iudicium.de

  München: iudicium Verlag 2020  

 

Gerhard Roleder:
"Diesmal hört ihr meine eigene Stimme." Thomas Manns BBC-Ansprachen aus technischer Sicht
Thomas Mann schrieb zwischen 1940 und 1945 Radioansprachen, in denen er sich über die BBC an Hörer in Deutschland wandte, um sie von der Sinnlosigkeit des Krieges zu überzeugen. Während die ersten Ansprachen noch von einem BBC-Sprecher vorgetragen wurden, übertrug die BBC ab März 1941 Thomas Manns Stimme von Schallplatten, die im amerikanischen Exil aufgenommen wurden. Historiker und Literaturwissenschaftler haben sich jeweils aus ihrer Sicht mit den insgesamt 58 Reden eingehend beschäftigt. Dieser Aufsatz behandelt einige technische Aspekte dieser speziellen Rundfunkübertragungen und geht dabei den Fragen nach:
Wie war die Empfangssituation in Deutschland? Was tat die BBC, um möglichst vielen Hörern den Empfang zu ermöglichen? Welche Wechselwirkungen bestanden zwischen Sende- und Empfangstechnik und Programmgestaltung?
Die Broschüre richtet sich an allgemein technikgeschichtlich Interessierte. Spezielle Kenntnisse auf dem Gebiet der Funktechnik werden nicht vorausgesetzt.
Kontakt für Fragen an den Autor: gerhard.roleder@gmx.de

Erfurt: PROOF Verlag 2020

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