"Ach ja, das, was man nicht kann, das ist die Kunst."

Neue Bücher 2022

Dieter Borchmeyer:
Thomas Mann. Werk und Zeit
Mit dieser einzigartigen Monographie legt Dieter Borchmeyer hier eine umfassende Darstellung des dichterischen und essayistischen Werks Thomas Manns vor. Borchmeyer schildert nicht nur die Lebensstationen Manns von Lübeck über München und Pacific Palisades bis nach Zürich, sondern beschreibt das Werk in seiner Totalität, setzt es in Beziehung zu seiner sozialgeschichtlichen, ästhetischen und weltliterarischen Tradition, und erläutert seine Verortung in der geistigen Situation der Zeit. So spielen die politischen Wandlungen Thomas Manns im Spiegel seiner Erzählungen und Essays vom Kaiserreich über Weimarer Republik und Drittes Reich bis zur Kriegs- und Nachkriegszeit in Europa und Amerika in diesem Buch eine bedeutende Rolle, ja Thomas Mann zeigt sich als politischer Autor par excellence, auch schon zu der Zeit, als er selbst noch wähnte, ein „Unpolitischer“ zu sein. Der Autor des „Zauberberg“, der „Joseph“-Tetralogie und des „Doktor Faustus“ offenbart sich hier überraschend als Zeitgenosse.

Berlin: Insel 2022

 

Karolina Watroba: 
Mann's Magic Mountain
Dies ist die erste Studie zu Thomas Manns wegweisendem Roman der deutschen Moderne „Der Zauberberg“ (1924), die vom Interesse nichtakademischer Leserinnen und Leser an Manns Buch ausgeht. "Mann's Magic Mountain" konzentriert sich auf neun vergleichende Lesungen von fünf Romanen, drei Filmen und einer Kurzgeschichte, die als Antworten auf „Der Zauberberg“ konzipiert sind. Diese Werke bieten Zugang zu unterschiedlichen Lesarten von Manns Text auf drei Ebenen: Sie fungieren als Aufzeichnungen der Lektüre von Mann durch ihre Autoren, geben Einblicke in breitere kulturell und historisch spezifische Interpretationen des Romans und enthalten Darstellungen von fiktiven Lesern von "Der Zauberberg". Diese neun Fallstudien werden kontextualisiert, ergänzt, verbessert und erweitert durch Verweise auf Hunderte anderer unterschiedlicher Quellen, die von einer lebhaften Auseinandersetzung mit „Der Zauberberg“ außerhalb der akademischen Forschung zeugen, darunter journalistische Rezensionen, Diskussionen in Internetforen und Blogs, persönliche Essays und Memoiren, Manns Fanpost und seine Antworten darauf, die Veröffentlichung von Anzeigen und Marketingbroschüren aus Davos, wo der Roman spielt.

Oxford: Oxford University Press 2022

 

Ulrike Keim:
Ein außergewöhnliches Leben in zwei Welten. Der Arzt, Dichter, Forscher und Schriftsteller Martin Gumpert
Martin Gumpert wurde 1897 in Berlin geboren und verstarb 1955 in New York. Er war Arzt, Dichter und Schriftsteller in Personalunion, Augenzeuge seiner Zeit, Forscher, Sozialarzt und ein leiser Kämpfer für ein besseres Leben und das Glück der Menschen. Sein diagnostischer Blick als Arzt, seine menschliche Güte und Wärme, sein gesellschaftspolitisches Engagement, sein Eintreten für Menschen am Rande der Gesellschaft und seine ärztliche Ethik machen ihn zu einem Vorbild für eine menschliche Medizin. Seine Bücher über historische Persönlichkeiten vor seiner Vertreibung als Jude aus Deutschland, seine ergreifenden Gedichte, sein Wirken auf zwei Kontinenten, seine Freundschaft mit berühmten und einflussreichen Menschen wie Thomas Mann, seine Liebesbeziehung zu Erika Mann, der Tochter des Nobelpreisträgers, lassen ihn zu einer spannenden zeitgeschichtlichen, medizinischen und literarischen Person des 20. Jahrhunderts werden. Ulrike Keim zeichnet sein außergewöhnliches Leben zwischen Literatur und Medizin von Berlin-Tiergarten bis zur Park Avenue in New York nach.

  Berlin/Leipzig: Hentrich & Hentrich 2022 

 

Kerstin Holzer:
Monascella. Monika Mann und ihr Leben auf Capri

Monika Mann, Tochter von Thomas Mann, stand immer im Schatten ihrer schillernden Geschwister und galt als fauler, untalentierter Sonderling, traumatisiert von einem schweren Schiffsunglück im Zweiten Weltkrieg. Haltlos irrte sie durch ihr Leben, bis sie in den 50ern den Sehnsuchtsort Capri für sich entdeckte – dort erfuhr sie in der innigen Beziehung zu Antonio Spadaro, Sohn einer Fischerfamilie, die Geborgenheit, die ihr die Familie zeitlebens verwehrte. Gestützt auf bislang unveröffentlichte Briefe, erzählt Kerstin Holzer erstmals von Monika Manns wohl glücklichsten Jahren, von der Selbstfindung einer Missachteten, ihrer Anerkennung als Feuilletonistin, vom großen Mutter-Tochter- Drama und der heilenden Kraft der Liebe.

München: dtv 2022

 

Matthias Löwe:
Dionysos versus Mose. Mythos, Monotheismus und ästhetische Moderne
Um 1900 zeigt sich in der europäischen Ideengeschichte eine wachsende Faszination für den Gegensatz zwischen Mythos und Monotheismus, zwischen den vielen Göttern und dem einen Gott. Im Spiegel dieses alten Topos werden Grundfragen der Moderne reflektiert: das Verhältnis von Immanenz und Transzendenz, Fremdbestimmung und Freiheit, Toleranz und Dogma. Die Studie von Matthias Löwe rekonstruiert den modernen Diskurs über Mythos und Monotheismus und sein ästhetisches Potenzial, das vor allem im frühen 20. Jahrhundert freigesetzt wird, bei Hugo von Hofmannsthal, Gerhart Hauptmann, Arnold Schönberg und Thomas Mann. Mit der Ästhetisierung von Mythos und Monotheismus verfolgen diese Intellektuellen keine religionsgeschichtlichen Interessen. Vielmehr wird im Gewand literarisierter Mythen oder biblischer Geschichten um die Deutung der Moderne gerungen.
Kontakt für Fragen an den Autor: verlag@klostermann.de 

Klostermann: Frankfurt/Main 2022

 

„Thomas Mann’s Los Angeles: Stories from Exile 1940 – 1952”
Herausgegeben von Nikolai Blaumer und Benno Herz
Was als Social-Media-Serie des Thomas Mann House im März 2020 begann, ist nun zu einem Buch geworden. Der Band zeichnet anhand eindrucksvoller Illustrationen des Künstlers Jon Stich und rund siebzig englischsprachiger Essays ein lebendiges Porträt vom Leben und den Erfahrungen Thomas Manns während seiner Zeit im Exil in L.A.. Nicht nur setzten sich Mann und andere Emigrantinnen und Emigranten im Kampf gegen den Faschismus in Deutschland ein, sie verinnerlichten auch die Kultur ihrer Wahlheimat und bereicherten diese maßgeblich. Das Buch erzählt auch davon, wie sich der Schriftsteller und Literatur-Nobelpreis-Gewinner an das Leben als Angeleno anpasste, wie er die vielen Strände der Stadt genoss, im Brown Derby zu Mittag aß, die Hollywood Bowl besuchte und mit seinem Pudel Niko durch die Nachbarschaft spazierte. Verfasst wurden die Essays von dreiundvierzig Expertinnen und Experten sowie den Herausgebern Nikolai Blaumer und Benno Herz.
Kontakt für Fragen an die Herausgeber: benno.herz@vatmh.org

Santa Monica: Angel City Press 2022

 

Eisinger, Ralf
Und konnten beisammen nicht kommen. Aspekte einer verhinderten Wahlverwandtschaft zwischen Thomas Mann und Richard Strauss
Schon zu Lebzeiten wurden Richard Strauss und Thomas Mann als Chronisten einer zu Ende gehenden bürgerlichen Kultur gleichermaßen bejubelt und angefeindet. Vieles hat die beiden Ausnahmekünstler getrennt, einiges vereinte sie. Ihrer Bedeutung als Repräsentanten ihrer Zeit und ihrer Kunst waren sich beide früh bewusst. Ihr Umgang mit dieser Erkenntnis war dabei ebenso unterschiedlich wie ihre Lebensart und -einstellung, was sich am deutlichsten in ihrer politischen Haltung zum Nationalsozialismus offenbarte. Angesichts der überschaubaren gesellschaftlichen Verhältnisse in München und Berlin überrascht es, dass sich beide kaum begegnet sein sollen. Dabei hat Thomas Mann, trotz aller Skepsis gegenüber dem Charakter von Richard Strauss, dessen Musik er durchaus geschätzt, den Komponisten sogar als „Sonntagskind“ bezeichnet. Am Ende bringt die Volksballade von den beiden „Königskindern“, die nicht „beisammen“ kommen konnten, eine gesellschaftliche Nicht-Beziehung auf den poetischen Punkt.
Kontakt für Fragen an den Autor: info@iudicium.de

München: iudicium Verlag 2022

 

Barbara Eschenburg:
"Ist nicht der Russe der menschlichste Mensch?" Thomas Manns Menschlichkeitsbegriff im Kontext russischer Literatur
"Ist nicht der Russe der menschlichste Mensch?" Thomas Mann stellt diese Frage in seinem umstrittenen Essay "Betrachtungen eines Unpolitischen". Es dient zunächst der Polarisierung gegen Frankreich, "den Russen" so als Vorbild für Menschlichkeit hinzustellen. Doch über diese Zeitgebundenheit hinaus wird hier auch ein Bild von Menschlichkeit evoziert, das Thomas Manns Werk bis zum "Doktor Faustus" begleitet und sich in besonderem Maße aus seinem Blick auf zwei russische Schriftsteller speist: Dostojewski und Tolstoi. Dostojewskis Verantwortungsideen sowie Tolstois sozialrevolutionäre Vorstellungen sind es unter anderem, die Manns Entwicklung von einem individualistischen Menschlichkeitsbegriff hin zu einem sozialen Humanismus prägen. Barbara Eschenburg findet in ihrer Arbeit Anknüpfungspunkte ausgewählter Werke Tolstois und Dostojewskis zu Thomas Manns Romanen und Essays – vom "Zauberberg" über "Joseph und seine Brüder" bis hin zum "Doktor Faustus".
Kontakt für Fragen an die Autorin: barbara.eschenburg@luebeck.de

Frankfurt/Main: Klostermann 2022 (Thomas-Mann-Studien 58)

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